Konzept zur Durchführung eines Interventionscamps

Eine Gruppe von Auszubildenden hat in der Gesellenprüfung im Sommer 2009 in jeweils einem Teil der Prüfung  (praktisch/theoretisch) keine ausreichenden Leistungen erbracht und deshalb das Prüfungsziel nicht erreicht. Da die Vorbereitung auf die Prüfung fachlich sehr intensiv durchgeführt wurde, ist die Annahme zu treffen, dass die Misserfolge sehr individuelle Ursachen haben die auf der persönlichen Ebene des jeweiligen Auszubildenden zu suchen sind. So ist zum Beispiel ein Auszubildender  der vor Ort in den Übungskabinen sichere Leistungen erbracht hat in der praktischen Prüfung durchgefallen.

Da sich der Zugang auf der persönlichen Ebene trotz gut ausgeprägter Beziehung  „Ausbilder/Pädagoge – Auszubildender“  in der Ausbildungsstätte sowohl zeitlich, als auch im gruppendynamischen Kontext schwierig gestaltet, ist geplant in einen dreitägigen Interventionscamp in einer einflussarmen Umgebung die Misserfolge zu bearbeiten und neue Handlungskonzepte mit den Auszubildenden zu entwickeln.

Konkret soll in dem Interventionscamp zunächst der Misserfolg, das Versagen bearbeitet und verstanden werden. Dazu soll in der Zusammenarbeit mit dem Auszubildenden eine Diagnose auf Ebene der persönlichen Kompetenzen und im Kontext mit der Biographie gestellt werden. Die Erkenntnisse aus der Analyse der fachlichen Ebene soll  natürlich einbezogen werden. Die Erkenntnisse aus der individuellen Diagnose sollen dann  die Basis für Einzel- und Gruppenarbeit in dem Interventionscamp bilden.

Die Grundlage für die Durchführung einer solchen Maßnahme bilden zum einen die Inhalte des Fachkonzeptes des Unternehmens für die BaE 2006 Seite 30 ff., der Inhalt des QMH – Kapitel 9 BaE, die Verdingungsunterlagen Kapitel B.3 ff.  Zum anderen kann man auf der psychosozialen Ebene und im Kontext „Prüfung“ und „Resultat der Prüfung“  das Konzept der „kritischen Lebensereignisse“  von Sigrun-Heide Fillip heranziehen.

Eine Vielzahl von Lebensereignissen unterliegt der Entscheidungskontrolle der Person. Dies ermöglicht der Person eine vorwegnehmende Ereignisbewältigung, aber auch das Einleiten vorbereitender Maßnahmen. Hier muss zwischen normativen, also Ereignissen die für ein Lebensalter, oder einen bestimmten Lebensabschnitt einer Personengruppe spezifisch sind und non-normativen, folglich absolut individuellen Ereignissen unterschieden werden (vgl. Fillip, 1981, S. 11).

Hier kommen Anwendungsimplikationen,  die mit Stichworten wie Krisenprävention und Krisenintervention bezeichnet werden, in Betracht. Man trifft die Annahme, dass der Sinn präventiver Maßnahmen nicht darin liegen darf ein Lebensereignis zu verhindern, sondern vielmehr die betroffene Person dazu befähigen soll, konstruktiv mit Ereignissen umzugehen (vgl. Fillip, 1981, S.44 f.).

In unserem Fall, ist in diesem Zusammenhang sehr interessant, dass Ereignisse die vorhersehbar sind als weniger kritisch betrachtet werden weil sie der betroffenen Person antizipatorische Bewältigungsstrategien ermöglichen und von vorwegnehmenden Maßnahmen begleitet sein können. (vgl. Fillip, 1981, S.31). Es gibt Studien in denen primär präventiv Menschen erfolgreich auf ein solches Ereignis vorbereitet wurden. „Primäre Prävention mag sich also darauf beziehen, dass die Person in die Lage versetzt wird, solche kontextuellen Ressourcen sich verfügbar zu halten und ggf. zu nutzen. Hierzu mögen Kompetenzen und Verhaltensmerkmale relevant werden, die nur noch scheinbar etwas mit der Güte der Ereignisbewältigung zu tun haben, gleichwohl als Erziehungs- und Entwicklungsziele allgemeinerer Art  unter primären Gesichtspunkten formuliert werden können“ (Fillip, 1981, S.45 f.).

Der Auszubildende, für den die Gesellenprüfung , der Erfolg oder Misserfolg in dieser Prüfung und  der Übergang in eine Erwerbstätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt  bevorsteht, kann sehr wohl mit geeigneten Maßnahmen auf dieses Ereignis vorbereitet werden, was zumindest theoretisch zur Folge hat, dass diese Situation als weniger kritisch zu betrachten ist.

Gute Erfahrungen haben wir  bereits in einem anderen Zusammenhang mit einem ausgelagerten Training gemacht. Zu Beginn des zweiten Ausbildungsjahres zeigte sich im Bezug auf die Gruppendynamik bei der Gruppe der Auszubildenden eine Krise auf. Die Auszubildenden zeigten keine Bereitschaft miteinander zu arbeiten, der Arbeits-,  Ausbildungsalltag wurde von persönlichen Konflikten bestimmt. In diesem Zusammenhang führten wir extern ein Teamtraining durch was einen nachhaltigen Einfluss auf das gruppendynamische Geschehen in dieser Gruppe hat. Im Gruppenvergleich zeigt diese Gruppe heute einen größeren Entwicklungsstand in Bezug auf die persönlichen Kompetenzen im speziellen Teamfähigkeit, Kommunikationsverhalten und Beziehungsverständnis.

 

Quelle

  • (Filipp, Sigrun-Heide (Hrsg.) (1981):Kritische Lebensereignisse. München –     Wien – Baltimore: Urban&Schwarzenberg)

 

Ziele des Interventionscamps

  • Verhindern von motivalen Abbrüchen während der Ausbildungsverlängerung
  • Strategien zum Umgang mit Prä-/Post –Prüfungsstress entwickeln
  • Ungünstige Faktoren in der eigenen Biographie finden , thematisieren und bearbeiten
  • Strategien im Umgang mit kritischen Lebensereignissen erarbeiten
  • Definition – , Neudefinition persönlicher Ziele
  • Entwicklung – und Festigung eines positiven Selbstbildes
  • Umgang mit Ängsten und Lernhemmungen speziell im Kontext der Prüfung
  • Neuorientierung im Kontext von Misserfolgen – „Nicht der Andere ist Schuld, ich muss bei mir selber suchen“

Methoden im Interventionscamp

Provokative Einzel- und Gruppengespräche.  Das Ziel der provokativen Gespräche ist die Stärkung der Selbstverantwortung des Auszubildenden. Durch die provokativen Interventionen werden beim Auszubildenden der Wille zur konstruktiven Veränderung und seine Selbstheilungskräfte mobilisiert. Das befähigt ihn – meist in sehr kurzer Zeit – sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und selbstschädigende Verhaltensweisen durch gesünderes Verhalten zu ersetzen.

Biographiearbeit in individuellen Einzelgesprächen und als Gruppenarbeit. Darstellung des bisherigen Lebensverlaufes mit Hervorhebung von prägnanten Lebensereignissen und kontextualer Herausarbeitung von vorhandenen Hemmnissen.  Erarbeiten  eines Soziogrammes zur Darstellung vorhandener Beziehungen und  herausarbeiten der aus diesen Beziehungen resultierenden Wechselwirkungen für ein besseres Selbstverständnis.

Isolierte Selbstreflektion in einer abgeschiedenen Umgebung. Der Auszubildende soll in dieser  reizarmen Umgebung nicht wie gewohnt von exogenen Faktoren in seinem Denken und Handeln beeinflusst werden und somit die Möglichkeit haben sich ohne/ mit wenig Ablenkung auf sich selbst zu konzentrieren. Die Erkenntnisse sollen im Sinne der Partizipation anschließend in der Gruppe diskutiert und dokumentiert  werden.

Wie verbringe ich meine Zeit? Es erfolgt eine intensive Analyse des jeweiligen individuellen Tagesablaufes und die Emergenz der einzelnen Schwerpunkte wird neu definiert. Das Ziel ist es, die einzelnen Prioritäten so zu setzen, dass die Vorbereitung auf die Prüfung ein fester Bestandteil der Selbstorganisation wird, jedoch im alltäglichen Leben außerhalb der Lernsituation nicht negativ / demotivierend wirkt.

 

Meine Rolle im gesellschaftlichen Kontext: „Was wollen die von mir?“ Definition der Rolle des Azubis im sozialen Gefüge des Maßnahmeträgers im Vergleich zum gesamtgesellschaftlichen Kontext. Entwicklung eines Verständnisses für die Notwendigkeit, sich mit gesellschaftlichen Normen zu identifizieren und trotzdem die Individualität zu bewahren.

 

Rahmenbedingungen

Ort:  Reiz- und einflußarme Umgebung

Teilnehmer:   Auszubildende  mit ihren Bezugspersonen (Ausbilder, Pädagogen) und Trainer

Kosten:   Garantie über gut vertretbare Kostendimension

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