Beziehung (s) Weise

Entstehen und Wirken von Beziehung nach Rogers und Moor

Contents

Vorwort und Danksagung

Mein ganzes inneres Wirken erwies sich als eine lebendige Heuristik, welche, eine unbekannte geahnte Regel anerkennend, solche in der Außenwelt zu finden und in die Außenwelt einzuführen trachtet. (Johann Wolfgang von Goethe)

Etwas für mich wesentliches konnte ich schon vor einer konkreten Festlegung auf das Thema meiner Arbeit erfahren. Sehr häufig habe ich mich dazu verleiten lassen eine Kritik an etwas aufzubauen um dann den Versuch zu unternehmen diese Kritik haltbar zu etablieren. Im Verlauf meines Studiums, ganz besonders im Fach der Heilpädagogik und der Auseinandersetzung mit der Heilpädagogik nach Paul Moor kam es dann zu einer für mich besonderen Erkenntnis. Problemlösungen sind Situationen in denen ich mich auf Etwas hinzu bewege, das impliziert zwar auch ein Weg von einem vorhandenen Problem, ist aber nach meiner Erkenntnis wesentlich zielorientierter da dieser Weg sich deutlich mehr mit dem Erreichen einer Lösung als mit dem Problem an sich beschäftigt.  Einfach ausgedrückt, ein Hin zu ist erfolgversprechender als ein Weg von, impliziert dieses aber.

Paul Moor formuliert das in seinem Grundlagenwerk in der zweiten der drei von ihm aufgestellten Grundregeln für das heilpädagogische Handeln.

„2. Wo immer ein Kind versagt, haben wir nicht zu fragen: Was tut man dagegen? – Pädagogisch wichtiger ist die Frage: Was tut man dafür? – nämlich für das, was werden sollte und werden könnte.“ (Moor, 1974, S.15)

Diese wichtige Erkenntnis führt mich nun zum einem Thema welches mich zumindest unbewusst schon lange beschäftigt, aber es erst durch den beschriebenen Erkenntnisprozess sichtbar wurde. In meiner eigenen, hohen Erwartungshaltung, die übrigens auch etwas mit Beziehung zu tun hat, habe ich das Thema dieser Arbeit erst sehr komplex formuliert um aus meiner Sicht einem Anspruch der Wissenschaftlichkeit zu genügen. Das führte schon fast dazu, dass ich den Untertitel meiner Arbeit in zwei Sätze kleiden wollte, die schon eine zentrale Aussage dieser Arbeit vorweg genommen hätten. Ein entscheidender Rat, der etwas von mir wegnahm,  versetzt mich nun in die Lage mit dem Untertitel „Das Entstehen und Wirken von Beziehung nach Rogers und Moor“ nicht nur den Umfang des Themas zu beschreiben, sondern schon mit dem Titel einen Spannungsbogen aufzubauen und eine Neugier auf das Folgende zu erzeugen.

Nach etlichen Versuchen und Eröffnungen mit einem ersten Satz überkamen mich große Zweifel, ich agiere mit eigenen Beobachtungen und Erfahrungen, bin mir der Subjektivität bewusst und stelle mir einige Male die Frage: Ist das Wissenschaft, genügt das wissenschaftlichen Anforderungen? Ein Dilemma welches soweit  führt, dass ich einige Male sehr dazu geneigt bin aufzugeben, diesen letzten Schritt in meinem Studium und den ersten eigenen Schritt in die Wissenschaft nicht mehr zu vollziehen. Im Fortschritt meiner Recherche lese ich dann etwas von Rogers was mir großen Auftrieb und Bestätigung bezüglich meines Tuns geben.

Denn genau das zunächst subjektiv Erfahrene ist in der wissenschaftsphilosophischen Auffassung Rogers die Basis des wissenschaftlichen Wissens. (vgl. Rogers, 2006, S.214)

An dieser Stelle bedanke ich mich bei den Lehrenden die mich in meinem Erkenntnisprozess herausgefordert, aber auch schützend begleitet haben. Ich bedanke mich auch bei den Personen, die meine Neugierde und auch mein Experimentieren ausgehalten und ertragen haben. Ganz besonders bedanke ich mich bei meiner Tochter Alexa für die Entbehrungen die sie wegen meiner ständigen Beschäftigung und Abwesenheit in Kauf genommen hat. Als letzte soll hier noch meine Partnerin Susanna ein großes Dankeschön bekommen, Du hast eine große Menge Fachlatein, abstrakte Abhandlungen und die Diagnose deiner Lebensereignisse aushalten müssen, wobei ich insgeheim weiß, dass die Entwicklung unserer Beziehung dadurch auch gut genährt wurde.

Einleitung

„Jeder wahre Lehrer, jeder Arzt, jeder Therapeut, aber auch jeder Seelsorger kennt den eigentümlichen Sprung, der sich in seiner Beziehung zu dem ihm aufgegebenen Menschen vollzieht in dem Augenblick, in dem er nicht anders kann, als sich dem anderen gegenüber selbst zu öffnen und nun durch sein Amtskleid hindurch als der ganze Mensch hervortritt und so dem anderen als er selbst begegnet. Bei allen Gefahren, die damit verbunden sind – er weiß und spürt es: Erst jetzt erreicht er den anderen wirklich von Person zu Person.“
(Karlfried Graf Dürckheim, Psychotherapeut)

Beziehungen haben wir in den vielfältigsten Formen von Geburt an, unser ganzes Leben lang. Zunächst die Kind-Mutter Beziehung, dann die Beziehungen im engeren sozialen Rahmen der Familie, die Kind-Eltern Beziehung. Während unserer Entwicklung bekommen wir auch eine Beziehung zu uns selbst. Diese ersten Beziehungserfahrungen in unserem Heranreifen bilden dann die Grundlage für das Entstehen weiterer Beziehungen zu anderen Menschen, die man generalisiert als soziale Beziehungen bezeichnen kann.

Beziehungen sind sehr vielfältig und wandelbar, sie entstehen, zerbrechen und sind selten statisch. Wir beschreiben Beziehungen nach dem Grad ihrer Intimität, als freundschaftliche Beziehung oder als Liebesbeziehung, wobei es sehr viele Bezeichnungen respektive Um- oder Beschreibungen gibt wie Kameradschaft, Freundschaft, Partnerschaft und so weiter. An anderen Stellen wird auch der Rahmen von Beziehungen beschrieben, zum Beispiel formale Beziehungen, institutionelle Beziehungen und zwischenmenschliche Beziehungen. Auch können wir die Repräsentanz von Beziehungen beschreiben.

Beziehungen haben unbewusste, vorbewusste und auch bewusste Anteile, sie können positiv, aber auch negativ sein, meist sind aber sowohl positive, als auch negative Anteile in Beziehungen vorzufinden.

Paul Watzlawik stellte in seinem Konzept der Kommunikation einmal den Merksatz auf „Man kann nicht, nicht kommunizieren“, mit etwas Wagemut kann man im Kontext von Beziehung die These „Man kann nicht, keine Beziehung haben“ darauf aufbauen.

Beziehung an sich ist ein sehr komplexes Themengebiet, das in seiner Gesamtheit schwer zu fassen ist. Neurobiologen versuchen mit bildgebenden Techniken die Gehirnaktivitäten sichtbar zu machen und somit das Beziehungsgeschehen zu erforschen. Wirtschaftswissenschaftler haben einen eigenen beziehungswissenschaftlichen Ansatz und was besonders auffällig scheint, in den Sozialwissenschaften hat Beziehung zwar ein wichtiges Wesen für die Handlungspraxis besonders in den sozialen Handlungsfeldern aber es gibt relativ wenig Konkretes was sich mit Beziehung an sich auseinandersetzt. Es wird für das sozialpädagogische Arbeiten zwar eine Beziehungskompetenz als wichtig beschrieben und gefordert, allerdings wird nicht beschrieben wie diese Beziehungskompetenz konkret aussieht, geschweige denn zu erwerben ist. Sie wird lediglich als Summe unserer persönlichen Kompetenzen und als Bindeglied zu unserer Fachkompetenz dargestellt.(vgl. Stimmer, 2006, S.225, f.)


(Abb.: Stimmer, 2006, S.226)

Verfügbare Literatur über Beziehung beschäftigt sich regelmäßig mit den psychologischen und sozialpsychologischen Aspekten von Beziehung, allerdings überwiegend im Feld der Alltagsbeziehungen. Insgesamt gibt es aber auch Stimmen aus diesem Feld, die eine Beziehungswissenschaft als eigenständige Disziplin einfordern. (Szczyrba, 2003, S. 9 ff.)

Im weiteren Verlauf wird sich diese Arbeit genau mit Beziehungen in diesen Handlungsfeldern beschäftigen. Zur Abgrenzung von unseren Alltagsbeziehungen sollen sie hier als „professionelle Beziehungen“ verstanden werden. Professionell in diesem Zusammenhang heißt, dass wir aus dem Gesichtspunkt unserer fachlichen und auch persönlichen Kompetenz mit unseren Klienten in Beziehung zu treten und die Möglichkeit haben das Beziehungsgeschehen zu beeinflussen.

Ein Maurer muss das Mauern erlernen bevor er ein Haus baut, genauso wie ein Frisör das Haareschneiden erst an einem Kunstkopf lernen muss bevor er einem Kunden die Haare schneiden darf. Im Erwerbsleben nennt man das Kompetenzerwerb durch Ausbildung. Genauso sollte es im sozialen Feld auch verstanden werden, die Fähigkeit professionell eine Beziehung einzugehen und diese dann noch positiv zu beeinflussen ist ebenso eine Kompetenz die erworben werden muss. (vgl. International Association of Social Educators, 2005, S. 7 ff.)

Hier setzt die vorliegende Arbeit an und sich mit der Thematik „Entstehen und Wirken von Beziehung nach Rogers und Moor“ auseinander. Über eine inhaltliche Präzisierung des Begriffs der Beziehung wird zunächst erschlossen was Beziehung überhaupt ist, um dann den Blick auf das eigentliche Geschehen zu richten.

An den Konzepten von Rogers und Moor soll aufgezeigt werden, dass es tatsächlich so etwas wie eine Beziehungskompetenz gibt. Im Verlauf werden einige kleine Exkurse das Konzept der Provokation Frank Farrelys einbeziehen da dieser eine

Desweiteren werden diese Konzepte in Beobachtungen und Gesprächssequenzen integriert um aufzuzeigen, welches Verhalten des Professionellen wie wirkt. Im Fazit soll diese Arbeit zeigen wie man sich eine solche Kompetenz zu Nutzen machen kann.

Um nicht damit zu verwirren wer denn nun gemeint ist, werde ich in dieser Arbeit von Professionellen und Klienten sprechen, auch wenn in den verschiedenen Feldern wie Beratung, Pädagogik und so weiter sehr different Bezeichnungen für die gemeinten Akteure üblich sind. Wenn in dieser Arbeit die Akteure überwiegend in der männlichen Form benannt werden, so dient dieses dem einfacheren Verständnis, der Blick soll mehr auf das Geschehen gerichtet sein denn auf die Personen.

Wahrnehmungen aus dem Arbeitsalltag als Motivation

 Häufig ist es in meinem Leben schon passiert, dass ich einfach so, sozusagen auf offener Straße von einer Person angesprochen wurde und diese Person, die mich aus vielen anderen Menschen auswählte, mich ansprach, mir  ihr Leid klagte oder mir von einem für sie wichtigen Ereignis erzählte. Aber auch im Kontext von Peergroups zu denen ich gehörte oder in meinem damaligen Arbeitsfeld als Handwerker passierte mir ähnliches.

In meinem jetzigen Arbeitsfeld, in verschiedenen Bereichen der Erwachsenenbildung die als Maßnahmen bezeichnet werden, kann ich dieses Phänomen ebenso wahrnehmen. In jeder dieser Maßnahmen, sei es Berufsvorbereitung, Berufsausbildung oder eine Trainingsmaßnahme, sind die Zuständigkeiten geregelt. So steht in jeder dieser Maßnahmen den jeweiligen Teilnehmern eine Sozialpädagogin oder ein Sozialpädagoge als Ansprechpartner zur Verfügung. Sie unterstützen bei der Lösung persönlicher und lebenspraktischer Fragen und Probleme zur Verfügung.

Regelmäßig und unabhängig von der mir zugewiesenen Rolle als Ausbilder, Bildungsbegleiter oder Dozent werde ich, ungeachtet meiner Zuständigkeit, auch hier von Maßnahmeteilnehmern angesprochen. Sie wählen mich als ihren Ansprechpartner für die Unterstützung bei entstehenden und auch bereits existenten psychosozialen Problemen.

Sehr oft habe ich mir die Frage gestellt – Warum hat diese Person mich ausgewählt? – kann sie für mich aber nicht beantworten weil ich in den entsprechenden Situationen kein konkret bewusstes Anderssein an mir feststellen konnte.

Begriffsklärung, was ist Beziehung?

 Schon früh in meinem Sozialpädagogikstudium habe ich mich mit der Bedeutung von Beziehung beschäftigt. In einem philosophischen Kontext führt die Beantwortung der Frage: Was ist Beziehung? – zu einer sehr diffusen Antwort: Sich auf jemanden beziehen, einen Bezug zu jemanden haben, etwas von jemanden beziehen. – die an dieser Stelle aber kaum Licht ins Dunkel bringt.

Im weiteren Verlauf werde ich dann mit einem zunächst sehr einfach klingenden Leitsatz konfrontiert, „Beratung ist Interaktion und Interaktion ist Beziehung“.

Zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Seminar gibt es dann noch einen Versuch Beziehung mit der Beobachtung eines Geschehens, einer Interaktion zu beschreiben. In einem Bahnwaggon sitzen sich jeweils am Ende des Waggons zwei Personen gegenüber. Person A richtet ihren Blick auf Person B, Person B blickt auf, die Blicke begegnen sich, da schwingt etwas, das ist Beziehung.

Dieser Erklärungsversuch von Beziehung wirkt sehr mystisch und esoterisch, wie bitteschön kann man denn diese Schwingungen sichtbar machen?

Die wirkliche Bedeutungstiefe dieses Leitsatzes und des nachfolgenden Erklärungsversuches werden mir erst später bewusst und sich im Verlauf dieser Arbeit entkleiden und sichtbar werden.

Fast überall wo ich Menschen nach ihrem Verständnis für Beziehung gefragt habe, erwecken diese den Anschein ein konkretes Wissen darüber zu haben. Beziehung wird in den meisten Fällen mit Partnerschaft, Liebe, Intimität in Verbindung gebracht, Beziehung wird häufig sogar etwas Altruistisches zugeschrieben. Darüber hinaus habe ich bei meinen Recherchen im Internet festgestellt, dass für den Begriff der Beziehung im Alltagsverstehen häufig das Synonym Verhältnis genutzt wird.

In einem philosophischen Kontext und aus meinem eigenen Verstehen heraus macht es durchaus Sinn sich zunächst mit der Begrifflichkeit des Themas zu beschäftigen. In meinen ersten Recherchen zu dem Begriff Beziehung stelle ich fest, dass der Begriff der Beziehung sprachlich in einer großen Breite verwendet wird. Zur Präzisierung und wohl auch für die Wiedergabe einer gewissen Bedeutungstiefe werden für den Begriff der Beziehung in 23 Synonymgruppen 203 Synonyme verwendet. (vergl. Woxikon 2012)

Etymologie des Wortes Beziehung

Etymologisch betrachtet, stammt Beziehung von dem Verb ziehen ab. Das Verb ziehen stammt vom althochdeutschen ziohan aus dem achten Jahrhundert ab, dem das indo-europäische deuk zugrunde liegt. Es meint so viel, wie etwas mit Kraft zu sich her zu bewegen, oder auch etwas zu ganzer Länge auszudehnen, oder sich fortzubewegen. In der Verbindung mit einem Substantiv dient das Wort ziehen zur Umschreibung eines Verbalbegriffs, zum Beispiel: eine Lehre ziehen – lernen.

Um einen Übergang zum Begriff Beziehung zu schaffen macht es durchaus Sinn, das Verb beziehen, welches vom althochdeutschen Begriff beziohan aus dem achten Jahrhundert  abstammt, mit einzubeziehen. Beziehen hat im althochdeutschen und im mittelhochdeutschen unter anderem die Bedeutung „regelmäßig erhalten“, „zusammenfügen“, „an sich nehmen“, „ zu etwas kommen“. (vergl. DWDS 2012)

Beziehung f. ‘Verbindung, innerer Zusammenhang, wechselseitiges Verhältnis, Bezug(nahme), Anspielung, Hinsicht’ (17. Jh.);“. (DWDS 2012)

Mit dem Bewusstsein das der deutsche Begriff Beziehung an sich relativ jung ist und dem Wissen über die begriffliche Herleitung von Beziehung muss man zunächst die Annahme treffen, dass der Begriff in seiner Bedeutung nicht die Tiefe beschreibt, die Beziehung im eigentlichen Sinn meint. Verschiedene Übersetzungen im europäischen Sprachraum wie die französische, italienische und spanische Übersetzung finden ihren Ursprung in dem lateinischen relatio.

Einzig die englische Übersetzung relationship scheint die notwendige Bedeutungstiefe wiederzugeben.

Im Englischen Relationship abgeleitet vom lateinischen relatio, das Zurücktragen und dem englischen ship in der sinngemäßen englischen Bedeutung auch skip oder create, abgeleitet vom altgermanischen skapaz, bedeutet es so viel, wie etwas schaffen, oder erschaffen. Relationship in seiner Bedeutung heißt also so viel, wie eine Relation herstellen, genauer eine Relation schaffen oder eine Relation erschaffen. (vergl. myEtymology.com)

Wendet man den englischen Begriff relationship also bedeutungsgemäß für den Begriff der Beziehung an, erschließt sich, dass es sich nicht einfach um einen Zustand handelt sondern vielmehr eine Interaktion beschrieben wird, die das Entstehen und Aufrechterhalten einer Beziehung, aber auch eine Interdependenz  impliziert, was sich für den Verlauf der weiteren Arbeit als sehr aufschlussreich abbilden wird.

Im Englischen wird für die hier gemeinten Beziehungen zwischen Menschen noch weiter präzisiert der Begriff interpersonal relationship verwendet. (vergl. Wikipedia )

Auch wenn der Begriff relationship, zumindest in betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen, eine breite Anwendung findet, wird im weiteren Verlauf der deutschen Sprache verpflichtet mit dem Begriff Beziehung gearbeitet.

Zusammenfassende Betrachtung

 Abschließend lässt sich feststellen, dass Beziehung in der deutschen Sprache nicht mit dem einfachen Begriff der Beziehung zu erfassen ist. Vielmehr muss der Begriff der Beziehung um seinen Zusammenhang und seine Intensität ergänzt werden muss. Als plausibles Beispiel bietet sich hier die doch recht große Differenz zwischen einer Liebesbeziehung und einer kameradschaftlichen Beziehung an.

Beziehung beschreibt auch nicht einen Zustand – ich habe eine Beziehung zu jemanden – sondern, wie bereits festgestellt, eine Interaktion, wie das im Alltag häufig verwendete Synonym Verhältnis plausibel stützt. Beziehung beschreibt demnach also ein Verhalten einer Person welches basierend auf eben diesem Verhalten ein Verhalten der anderen Person auslöst.

Beziehung ist ein interaktionales und interdependentes Geschehen wenn nicht sogar einen Prozess, gibt allerdings keine Auskunft über die Güte und den Inhalt dieses Geschehens.

Beziehung hat wie etymologisch bereits herausgearbeitet „das Zurücktragen erschaffen“ immer ein bewusstes oder unbewusstes Motiv, sie ist erlernbar, beobachtbar und reflektierbar.

Was passiert denn da? Ich bin doch nur ich selbst

Wie bereits in der Einleitung beschrieben ist nicht nur im Alltag, sondern auch im professionellen Rahmen ein Phänomen zu beobachten. Ich werde von einer Person angesprochen und kann mir nicht erklären warum diese Person mich ausgewählt hat. Es hat den Anschein, dass da etwas ist was die Entscheidung der anderen Person beeinflusst hat. Wie in dem Erklärungsversuch mit dem Bahnwaggon entsteht in einem Augenblick möglicher Weise so etwas wie ein Moment der Begegnung, es schwingt etwas, das ist die Initiale für das, was daraus werden kann. Auch wenn es klingt wie ein Mysterium, will ich versuchen es zu belegen. Zu diesem Zweck habe ich im Nachhinein einige der Personen, die an mich herangetreten sind, zu genau diesem wohl entscheidenden Augenblick befragt.

Um diesem Motiv, oder besser diesem ersten Impuls auf die Spur zu kommen, bin ich in der Vorbereitung dieser Arbeit an einige dieser Personen herangetreten und habe ihnen folgende Frage gestellt.

 „Versuche dich an den Augenblick zu erinnern, an dem unser erster Kontakt zustande kam. Was ist da gewesen, was hat Dich zu diesem Zeitpunkt dazu bewogen mich als Deinen Ansprechpartner auszuwählen?“

Bei der Fragestellung geht es an dieser Stelle weniger um den Inhalt der Beziehung, sondern im Wesen zunächst um die ersten Momente des Zustandekommens dieser Beziehung.

Sabine:    Das war so ein Gefühl … (Nachdenken). Ich weiß es gar nicht so genau, mir ging es nicht so gut, ich hatte ziemliche Probleme Zuhause bei denen mir keiner helfen konnte. Ähm, ich hatte Sie schon ein paar Mal gesehen und … (Pause) … ich hatte das Gefühl das sie mir helfen können.

Ich:           Was war das denn für ein Gefühl, was war wohl der Auslöser für dieses Gefühl?

Sabine:    Sie wirkten so gechillt. Mhhh… (Pause), das war so ein Gefühl, als wenn Sie nichts aus der Bahn werfen könnte …, da hab ich gedacht, dass Sie mir helfen können und Sie angesprochen. (Nachdenklich) Ich bin froh, dass ich das gemacht habe …

Nico:        Irgendwie, … (Pause)…  Ha, …  jetzt weiß ich’s.  Alle waren nur am rummäkeln mit mir, ich war es leid. Das war so ein Moment in dem fühlte ich mich irgendwie angesprochen …

Ich:           Was glaubst Du denn, hat Dich angesprochen?

Nico:        Ich hatte ´ne Menge Mist gebaut, die waren ja schon fast am Durchdrehen und dann kamen Sie irgendwie dazu und sind ganz cool geblieben …  (Pause)  Da dachte ich, dem kann ich vertrauen… darum bin ich dann auch zu Ihnen gegangen.

 

 Melanie: Mhhhh … was soll ich sagen? (Nachdenklicher Blick)  Keine Ahnung …

Ich:        Wenn ich mich richtig erinnere, kamst Du mit einem sehr persönlichen Problem zu mir.

Melanie: Ja genau (Lächeln) …

Ich:        Ich weiß noch das du mir erzählt hast, dass Du noch nicht einmal mit Deiner Freundin im Detail darüber gesprochen hast.

Melanie: (etwas verlegen) … Ich habe den anderen das nicht zugetraut, das die mich verstehen würden … (Lächeln) bei ihnen war das irgendwie anders und dann kam irgendwann der Moment wo ich sie allein erwischt habe (zeigt mit dem Daumen nach oben)

 

Einblicke in biographisches

Jeder sollte mit Sorgfalt erforschen, auf welchen Weg sein Herz ihn zieht, und diesen Weg dann mit all seiner Kraft verfolgen.
(Alte chassidische Weisheit)

Unsere Biographie, zumindest unsere berufliche Biographie spielt eine wesentliche Rolle für unser professionelles Handeln und Sein. Hier wird nun ein Einblick, wenn auch sehr komprimiert, in die Biographien von Carl Rogers, Paul Moor und Frank Farrely vorgenommen.

Warum ein Blick in die Biographie?

Wie vorangegangen schon beobachtet zeichnet sich hier möglicherweise eine gewisse Kausalität ab. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Person des Professionellen etwas ausstrahlt, sei es nun bewusst, vermutlich aber unbewusst wahrnehmbar. Mit einem Blick in die eigene Biographie die einige Wegpunkte mit entscheidenden Veränderung aufweist, ist anzunehmen, dass nicht der vorgezeichnete, gradlinige Weg das ist was uns ausmacht. Vielmehr die Stationen an denen wir mit Zweifeln konfrontiert sind, uns die Frage nach dem Sinn stellen oder an denen wir gar Schwierigkeiten zu bewältigen haben, sind die Stationen in unserer Entwicklung, die in ihrer Summe unser Selbst und unsere Profession ausmachen.

Carl Rogers

Carl Roger ist der Begründer der „nicht direktiven Therapie“ die er später in „klientenzentrierte Therapie“ umbenennt. Der klientenzentrierte Ansatz Rogers wird heute nicht nur therapeutisch genutzt, sondern erfreut sich in vielen Bereichen der Beratung und Gesprächsführung großer Beliebtheit.

Auf Einladung einer Universität hält Rogers vor einer Abschlussklasse einen Vortrag in dem er über sich spricht und so einen Einblick in seine persönliche und fachliche Entwicklung gewährt.

Carl Rogers kommt als viertes von sechs Kindern zu Welt. Er wächst in einem strengen und stark Werte orientierten Umfeld auf. Sein Vater, ein wohlhabender Geschäftsmann kauft eine Farm um seine inzwischen schon jugendlichen Kinder von den moralischen Gefahren des Stadtlebens fernzuhalten. Hier entwickelt Rogers im Wesentlichen zwei Interessen denen er wie er selber beschreibt mit wissenschaftlichem Eifer nachgeht. Er züchtet Nachtfalter und macht Experimente mit Futtermitteln und lernt hier erstmals Methoden der Naturwissenschaft kennen. Rogers selber glaubt, dass seine spätere Arbeit hier die erste Prägung erfahren hat. Sein Studium beginnt Rogers im Bereich der Agrarwissenschaft, ändert aber nach zwei Jahren sein Studienziel in Richtung der Theologie und wechselt vom Hauptfach Landwirtschaft zu Geschichte. Während eines sechsmonatigen Asienaufenthaltes löst er sich von den religiösen Ansichten seines Elternhauses und gewinnt damit nach eigener Aussage seine Unabhängigkeit. In dieser Zeit verliebt Rogers sich auch in seine zukünftige Ehefrau die er schon lange kennt. Nach Abschluss seines Hochschulstudiums schreibt Rogers sich in ein theologisches Seminar ein um sich auf seine zukünftige Kirchenarbeit vorzubereiten. Hier besucht er ein Seminar in dem er sich im Wesentlichen mit einer Sinnfrage befasst und für sich feststellt, dass ihm hier die Freiheit zu einer eigenen Entwicklung fehlen wird. Aus einem grundlegenden Interesse was er in Vorlesungen über Psychiatrie und Psychologie gewonnen hat, entscheidet er sich dazu die pädagogische Hochschule zu besuchen und findet dort für das Fach pädagogische Philosophie ein tiefes Interesse. Noch während seines Studiums bewirbt er sich am Teachers College auf eine Assistentenstelle an einem neu errichteten Institut für Erziehungsberatung an dem er erste Erfahrungen sammeln konnte. Nach Abschluss des Studiums und noch während seiner Dissertation findet Rogers eine Anstellung als Psychologe an der entwicklungspsychologischen Abteilung der Gesellschaft zur Verhinderung von Grausamkeiten an Kinder in Rochester. Im Verlauf seiner zwölfjährigen Tätigkeit dort entwickelt er die ersten grundlegenden Thesen für sein zukünftiges Schaffen und damit auch den Grundstein für sein Konzept der klientenzentrierten Therapie. (vgl. Rogers, 2006, S.21 ff.)

Paul Moor

Im Unterschied zu Rogers gibt es in den Veröffentlichungen von Paul Moor keine Aussagen über seine eigene Biographie.

Paul Moor gilt heute als Begründer der modernen Heilpädagogik die er zunächst als Schüler Hanselmanns und später als sein Nachfolger vorangetrieben hat. Allerdings erntet er für sein wissenschaftliches Vorgehen schon Anfang der siebziger Jahre große Kritik, Ulrich Bleidick leitet 1972 in seinem Buch „Pädagogik der Behinderten“  mit der generellen Aussage, dass Moors Arbeiten nicht den wissenschaftlichen Standards genügen eine  Zeit der Diskreditierung von Paul Moor ein.

Paul Moor kommt im Juli 1899 als erstes von fünf Kindern in Basel zur Welt. Nach seinem Schulbesuch studiert er Astrologie an der Universität Basel und ist dort nach seinem Studium zwei Jahre als Assistent tätig. 1923 geht Moor für ein Semester nach Hamburg und promoviert 1924 in Mathematik, Physik und Astrologie. Nach zwei Jahren Tätigkeit als Gymnasiallehrer nimmt er ein weiteres Studium  in den Fächern Religionsgeschichte und Philosophie bei Paul Häberlin in Basel auf.  Durch dieses Studium findet er Interesse an pädagogischen Themen worauf Häberlin ihn auf Heinrich Hanselmann als ersten Professor für Heilpädagogik aufmerksam, bei dem Moor das heilpädagogische Seminar besucht. Nach Abschluss des Seminars geht Moor mit seiner Frau nach Deutschland und übernimmt dort die Leitung eines Heims für schwierige Kinder. Als 1931 das Heim wegen des aufkeimenden Faschismus geschlossen wird geht Moor in der Schweiz zurück und leitet ein von Hanselmann gegründetes Heim für schwererziehbare Jugendliche.  Nach zwei Jahren der Heimleitung wird Moor 1933 wissenschaftlicher Assistent von Hanselmann und führt dort sein drittes Studium fort, 1935 promoviert er dann in den Fächern Philosophie und Heilpädagogik mit dem Thema „Die Verantwortung im Heilpädagogischen Handeln“ und scheint nun im Heilpädagogischen Seminar der Universität Zürich auch seine Aufgabe gefunden zu haben. Im Jahr 1940 wird er zu Nachfolger Hanselmanns gewählt und übernimmt das Rektorat des Heilpädagogischen Seminars. Nachdem Paul Moor sich 1941 für das Fach Heilpädagogik habilitiert wird  er 1951 für die Universitätsprofessur als Nachfolger Hanselmanns an die Universität Zürich berufen wo er dann bis zu seinem Ruhestand wirkt. (vgl. Haeberlin, 2005, S. 254)

 Frank Farrely

 Auch wenn sich diese Arbeit im Kern auf die Beziehungsaspekte der Methoden  Carl Rogers und Paul Moor bezieht, soll hier ein kleiner Exkurs einen Einblick in die Entwicklung Frank Farrelys und daraus resultierend auch in die Entwicklung seiner  Methode der Provokation stattfinden. Ebenso wie bei Paul Moor gibt es über Farrely keine konkreten biographischen Daten, allerdings beschreibt er in seinem Buch „Provokative Therapie“ sehr anschaulich den Weg zu seiner Methode der Provokativen Therapie. Farrelys Methode wird heute ähnlich wie Rogers Klientenzentriertes Modell nicht nur therapeutisch angewendet sondern findet auch im Bereich der Gesprächsführung und in der Beratung viele Anhänger.

Frank Farrelly beginnt die Methode der Provokation schon während seiner Studienzeit 1956 zu entwickeln. Farrellys Ausbildung orientiert sich an der Lehre Freuds, die Farrelly selbst als „Freudsches Evangelium“ bezeichnet. Mit dieser Grundlage erkennt er in einer Phase des klinischen Trainings seine persönlichen Grenzen. Farrelly hat in der Arbeit mit seinen Klienten nicht die Erfolge die er sich erhofft hat, sein Supervisor warnt ihn sogar davor, seine Gegenübertragungsgefühle Oberhand gewinnen zu lassen.

Kommilitonen motivieren Farrelly dazu Carl Rogers Buch  „Klientenzen-trierte Therapie“ zu lesen, die er als ihre Bibel bezeichnet. Zunächst ist er wenig beeindruckt und hält Rogers für „furchtbar oberflächlich und weit entfernt vom strengen Freudschen Evangelium“ (Farrelly, 1986, S.8) und mit wenig Tiefe. Erst als er sich mit verschiedenen Gesprächsprotokollen auseinandersetzt, findet er Begeisterung und beschließt für sich diese Methode anzuwenden. (vgl. Farrely, 1986, S. 4 ff.)

Nach einem ersten Therapiegespräch ist er begeistert darüber, dass er zum ersten Mal versteht wie die Dinge vom Standpunkt seiner Klientin aus aussehen. „Es war eine sehr erschreckende, gleichzeitig aber auch ermunternde Erfahrung, in die Welt eines anderen Menschen einzutreten, in welcher Hölle oder „Ecke des Universums“ sie auch immer wohnte […], und Menschen, Plätze, Dinge, Gefühle und Verhaltensweisen aus ihrem Blickwinkel zu sehen. Hierdurch wurde ihr Verhalten sinnvoll.“ (a.a.O, S.9)

Ab 1959 macht Farrelly zunächst unbeabsichtigt erste Erfahrungen mit der Provokation. In einem Gespräch mit einem anderen Sozialarbeiter äußert Farrelly, das seine „Herausplatzer“ und  die Äußerung seiner „Gegenübertragungsgefühle“ oft hilfreich für seine Klienten seien.

Als er 1961-1963 in einem Projekt von Rogers mitarbeitet, bemerkt er, „dass die passivere, mehr aufnehmende Rolle des Therapeuten“ (a.a.O, S.26) nichts für ihn ist. Seine ersten Erfahrungen mit der Provokation bringen Farrelly dazu, seine eigenen Reaktionen in eine Behandlungsform einzubringen, die er als emotionale Ehrlichkeit bezeichnet. Er stellt fest, dass seine Ehrlichkeit so etwas wie Unglauben und seine Lügen etwas wie Glauben bei seinen Klienten auslöst. Als er sich um 1964 mit einer Praxis niederlässt macht er sich große Sorgen um mögliche Prozesse die ihm Klienten androhen könnten, dazu ist es allerdings nie gekommen.

1966 wird er von seinem Kollegen Randy Parker dazu motiviert seiner Therapieform einen Namen zu geben. Verschiedene Namen wie „Protesttherapie“, „Necktherapie“, „Schmutztherapie“, „Sündtherapie“ stehen zur Debatte, bei einem weiteren Vorschlag „provokative Therapie“ macht Farrelly sich zunächst Sorgen, dass dieser Name mit Sex, oder sexueller Provokation in einen Kontext gebracht werden könne, wendet ihn aber später für seine Methode an. (vgl. Farrely, 1986, S. 14 ff.)

Zusammenfassende Betrachtung

 Ein Blick in die drei vorangeführten Biographien lässt erahnen, dass da tatsächlich etwas sein muss. Alle drei Entwicklungen, trotz unterschiedlicher Ausrichtung, weisen so etwas wie Marker auf. Wegpunkte die zu bewussten Veränderungen des eigenen Handelns geführt haben. Durch die Reflexion des Selbst, eigener Kritik am bisherigen und vor allen Dingen Erfahrung werden diese Veränderungen ausgelöst und führen zu einer Entwicklung unseres Selbst. (vgl. Rogers, 2006, S.34 ff.)

Dieses Selbst, das heißt das was wir und dadurch wie wir sind, ist das was essentiell nach außen wirkt. Je mehr Bewusstsein wir für unser Selbst haben, so selbstbewusster wir sind, um so mehr ist für unsere Umwelt davon wahrnehmbar. Das von dem Anderen wahrnehmbare wird es dann wohl auch sein was diesen ersten Impuls für die Kontaktaufnahme auslöst. Der Professionelle hat da etwas, das Selbstbewusstsein, das nach außen wirkt und beim Klienten Begehrlichkeiten weckt. Auch wenn die Fragestellung nur an eine kleine Gruppe von Klienten gerichtet war, kann man zu der Überzeugung kommen, dass dieses Geschehen nicht nur phänomenologisch darstellbar ist, sondern auch empirisch nachweisbar sein kann.

Das Selbst als Grundlage für das Entstehen von Beziehung

Wer sich selbst recht kennt, kann sehr bald alle anderen Menschen kennenlernen. (Georg Christoph Lichtenberg)

Wie der Blick in die Biographien und die Antworten auf die Fragestellung schon erahnen lässt spielt das Selbst des Professionellen eine wesentliche Rolle für das Entstehen einer Beziehung. Aber auch für das weiterentwickeln, das Wachstum dieses gerade aufkeimenden Pflänzchens  „Beziehung“ spielt das Selbst des Professionellen eine wesentliche Rolle. Grundsätzlich geht es hier nicht um die Beziehung ihrer selbst willen, sondern vielmehr um etwas, was sich darin entwickeln und fruchtbar sein soll. Professionelle Beziehungsarbeit braucht eine Kompetenz die wir nicht einfach nach einem Lehrbuch lernen können und dann an und mit unserem Klienten anwenden. Vielmehr handelt es sich um eine Kompetenz die wir sein müssen. Denn nicht das was wir tun spielt die wesentliche Rolle, sondern vielmehr das was wir und wie wir sind. Auch wenn im Bezug auf alle drei Konzepte eine sehr differierende Sprache verwendet wird, kann man es wagen alle drei Modelle der Entwicklung des Selbst mit dem Begriff der Spiritualität in Einklang zu bringen. Spiritualität in diesem Sinn meint eine bewusste, reflektierte an Sinn und Werten ausgerichtete bewusste Lebensführung. Wir Selbst sind häufig das einzige was wir unseren Klienten anbieten können. Unser Selbst ist dann die einzige Ressource die wir unmittelbar neben eventuell vorhandenen fachlichen Kompetenzen dem Klienten zum Angebot machen können. (vgl. Wolf, 2001, S. 4-9)

Das reife Selbst bei Carl Rogers

Rogers spricht in diesen Zusammenhang von einem reifen Selbst, oder einer „psychisch reifen Persönlichkeit“.(Rogers, 2006 ,S.70) Für die Beschreibung der Entwicklung des Selbst nutzt er das Konzept der Selbstaktualisierung. Zunächst einmal ist davon auszugehen, dass ein gesunder Organismus jede Information die er bekommt für seine Entwicklung nutzt. Der Erfahrung räumt er für die Entwicklung den höchsten Wert ein, er sagt mit jedem Klienten hat er die Möglichkeit Erfahrung zu sammeln und sich zu entwickeln. Das Öffnen sich selbst gegenüber und das wirken lassen von innen möglichst unabhängig von äußeren Einflüssen. (vgl. Rogers , 2006 , S.31 ff.) Hier zeigt sich eine eindeutige Nähe zu dem spirituellen Konstrukt aus der Einleitung des Kapitels.

Der innere Halt bei Paul Moor

 Das Wesen des Selbst lebt bei Moor in inneren Halt. Moor beschreibt in seinem Konzept den inneren Halt anhand von drei Komponenten, das Wollen, das Können und die Empfänglichkeit. Der innere Halt entsteht durch das Zusammenspiel dieser drei Komponenten. Die Empfänglichkeit, das Verheißene steht hier für das Erkennen des „Aufgegebenen“ für das den inneren Widerstand überwindende Annehmen von Lebensinhalten. Das Wollen, das Aufgegebene als eine Bereitschaft aus einer inneren Erfahrung heraus zu reifen und zu lernen. Und das Können, das Gegebene als Lebenstechnik wobei er hier auch auf einen Aspekt der zweckmäßigen Gewohnheiten verweist. Alle drei entwickelten Komponenten in Ihrer Summe machen bei Moor den Maßstab für den inneren Halt aus. Übertragen in unsere moderne Sprache stellt der innere Halt in seiner Ausprägung das Bewusstsein für unser Selbst dar. (vgl. Moor, 1960, S. 229 ff.)

Reflexion und Erfahrung bei Frank Farrely

Bei Farelly können wir es aus der Beschreibung seiner Biographie herauslesen. Farrely hat an jedem Wegpunkt seines beruflichen Handelns das Bisherige reflektiert und aus den daraus resultierenden Erkenntnissen seine Richtungsänderung vorgenommen. Damit kann man vollständig an sein Konzept der Provokativen Therapie anknüpfen. Er beschreibt dort zwei wesentliche Grundannahmen.

Der provokative Therapeut nimmt den Standpunkt ein, dass Menschen für ihr Handeln und Denken verantwortlich zu machen sind. Es wird ihnen abgesprochen ein „blindes, hilfloses, völlig festgelegtes Opfer eines Unbewussten“ (Farrely, 1987, S.51) zu sein.(vgl. Farrely, 1987, S. 50 f.) Für Menschen gibt es viele Wege sich anzupassen respektive sich zu verändern. In diesem Kontext ist es eine wichtige Methode ihn vor eine Herausforderung zu stellen der er nicht ausweichen kann. In diesem Sinn ist es die Aufgabe des Therapeuten ihn genügend herauszufordern, dazu zu provozieren neue Verhaltensmuster zu benutzen. (vgl. Farrely, 1987, S. 46 f.)

Genau diese Grundannahmen stützen und erklären diese Veränderungen die durch Reflexion, Erkenntnis- und Erfahrungsgewinn bei Farelly ausgelöst wurden.

Abschließende Betrachtung

Abschließend kann man folgende These aufstellen. Das Selbst und vor allen Dingen das Bewusstsein für das Selbst, das Anerkennen des Selbst, die Fähigkeit sich hinein zu horchen und daraus für eine weitere eigene Entwicklung des Selbst zu schöpfen. Die sich daraus entwickelnde Einstellung zu sich selbst, die Einstellung beziehungsweise die daraus resultierenden Werte auch Offenheit und Erfahrungszuwachs sind wesentliche Indikatoren für die Entwicklung des Selbst. Ein entwickeltes Selbst bietet je nach Einstellung die wesentliche Grundlage für professionelle Beziehungen.

Eine Frage der Haltung

 Man sagt, dass sich Menschen in Beziehungen erschaffen, dass sie miteinander aushandeln, wer genau sie sind. Was wir über uns wissen, ist im Wesentlichen das, was uns andere wie ein Spiegelbild vorgehalten und was wir daraufhin verinnerlicht haben.
(Herbert Mück, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie)

Eigentlich müssten wir aus professioneller Sichtweise dieses Zitat umdrehen. Als professionelle sind wir es, die dem Klienten den Spiegel vorhalten um ihm zu zeigen wer er sein kann. Aber es wäre Falsch die Aussage aus dem Zitat als unrichtig darzustellen, denn unser Klient hält auch uns einen Spiegel vor, der uns zeigt wer wir sind.

Rogers zeigt im Wesentlichen vier Komponenten für eine gelingende Arbeit im Sinne seines Konzepts der klientenzentrierten Therapie auf.

Kongruenz, die Übereinstimmung mit sich selbst, das Echt sein ohne etwas hinter einer Fassade zu verbergen. Empathie, das Einfühlen können in den Klienten, das betreten seiner inneren Welt um ihn zu verstehen. Die Wertschätzung, das warmherzige Umsorgen des Klienten. Und das bedingungslose Akzeptieren des Klienten, ihn so anzunehmen wie er ist. (vgl. Rogers, 2007, S. 213 ff.)

Moor hat in seinem heilpädagogischen Konzept drei Regeln für eine heilpädagogische Haltung und das heilpädagogische Handeln aufgestellt.

„1. Wir müssen das Kind verstehen bevor wir es erziehen.

  1. Wo immer ein Kind versagt, haben wir nicht nur zu fragen: Was tut man dagegen? – Pädagogisch wichtiger ist die Frage: Was tut man dafür? … nämlich für das, was werden sollte, soweit es werden kann.
  2. Wir haben nie nur das entwicklungsgehemmt Kind als solches zu erziehen, sondern immer auch seine Umgebung.“ (Moor, 1970, S. 259)

Da Moor sich mit seiner Arbeit auf das heilpädagogische ausgerichtet hat müssen wir an dieser Stelle die drei Leitsätze für unser Vorhaben etwas modifizieren. Satz ein ist konform mit der Aussage Rogers in der empathischen Komponente, wir müssen einfühlend in die Welt des Klienten eintreten um ihn zu verstehen. Auch Satz zwei ist auf Rogers Konzept übertragbar. Es geht nie darum ein Problem zu beseitigen sondern vielmehr um den Aspekt der Entwicklung des Klienten hin zu einer Lösungsmöglichkeit. Auch Satz drei lässt sich auf Rogers Konzept übertragen. Wir können den Klienten nicht einfach nur beraten, wir sind Teil de Prozesses und müssen uns mit ihm entwickeln.

Der Fall Sabine

 Sabine, eine neunzehn Jahre junge Frau. Groß und schlank, fast ein wenig schlaksig manchmal mit einer wilden Mähne. Dadurch, dass sie Teilnehmerin in einer Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme ist und ich in einer anderen Maßnahme des Trägers tätig bin, habe ich sie öfter schon mal gesehen. Meist saß sie dann zusammengezogen mit gesenktem Blick auf einer Bank im Pausenbereich und war am Rauchen. Was mir auffällig erschien war, das sie meist allein dasaß während sich die anderen jungen Menschen gruppierten und sehr rege miteinander redeten. Auf eine gewisser Art und Weise macht mich das neugierig darauf ob mit dieser jungen Frau wohl etwas nicht in Ordnung ist. Dieses Gefühl der Neugierde lasse ich erst mal in meinem Inneren wirken und versuchte ein Bewusstsein dafür zu erlangen was sie wohl ausmachte. Das geht eine ganze Weile so und jedes Mal wenn sich ihr Blick ein wenig hob habe ich sie angelächelt und ihr Gesicht erhellte sich ein wenig.

Hier beginnt möglicher Weise die Beziehung. Mein Lächeln, wenn auch unbewusst stattfindend, erzeugt ein Lächeln bei Sabine. Beziehung – das Zurücktragen schaffen – mein Verhalten erzeugt ein Verhalten bei Sabine. Im Weiteren kann man mein Lächeln aber auch als einen Akt der Wertschätzung verstehen. Sabine fühlt sich in diesen Moment zumindest von mir wahrgenommen. Wertschätzung beziehungsweise positive Zuwendung ist eine der Bedingungen auf die Rogers klientenzentriertes Modell aufbaut. (vgl. Rogers, 2006, S. 218)

Möglicherweise hat Sabine mein Lächel auch als Provokation aufgefasst und versteht mein Lächel als gegen sich beziehungsweise gegen ihre schlechte Grundstimmung gerichtet auf. Wobei ich mein Lächeln sicherlich nicht bewusst eingesetzt habe um sie zu provozieren.(Farelly, 1986, S. 46 ff.)

Meine Neugierde klärt sich allmählich auf, sie wird von dem mir wahrgenommenen Anderssein von Sabine motiviert. Nach einer Weile besuche ich die Leitung der Maßnahme und äußere meine Wahrnehmung in der Hoffnung meine Neugierde befriedigen zu können. Sabine heißt sie, ist neunzehn, sie hat einen mittleren Bildungsabschluss und kommt aus einer ganz normalen Familie. Dass sie die Maßnahme im Bereich der Farbtechnik macht weiß ich schon, das konnte ich ihrer Arbeitskleidung ansehen. Ok, denke ich mir, irgendwie habe ich das Gefühl da stimmt etwas nicht. Die Lehrgangsleitung ist noch nicht fertig, jetzt geht es erst richtig los. Sie kommt regelmäßig zu spät, das Betriebspraktikum hat sie abgebrochen, sie arbeitet nicht richtig mit, so geht das noch ein wenig weiter. Für mich hört sich das fast an als wenn jemand aus einer Strafakte vorliest. Ich bin mir schon fast sicher dass dort etwas in Argen ist und frage die Kollegin nach den Interventionen. Einen Hausbesuch haben die zuständigen Kollegen gemacht, die zuständige Sozialpädagogin und die Bildungsbegleiterin waren bei Sabine Zuhause und konnten auch im gemeinsamen Gespräch mit Mutter und Tochter keine Auffälligkeiten feststellen. Das Team hat vereinbart bei den nächsten Unregelmäßigkeiten Sabine eine Abmahnung zu erteilen und zieht eine Beendigung der Maßnahme also eine Kündigung in Betracht. Bei mir bleibt das Gefühl, dass da etwas nicht in Ordnung ist. So vergeht eine Weile bis sich nach einiger Zeit etwas verändert. Ich bekomme das Gefühl das Sabine in den Momenten in denen wir uns begegnen die Initiative ergreift und mich anlächelt und mein Lächeln einfängt um gleich darauf ihren Blick wieder zu senken. So geht wieder ein Weilchen Zeit dahin und ich merke, da wird etwas anders. Ich bekomme den Eindruck, dass Sabine meine Nähe sucht, sie hält sich oft bei den Auszubildenden auf für die ich zuständig bin. Mitunter komme ich in die Verlegenheit sie in ihren Werkstattbereich zurückzuschicken. Nach einer weiteren Weile, ich habe den Eindruck dass sie einen passenden Moment abgewartet hat, kommt sie zu mir und spricht mich an.

Hier kommt möglicher Weise schon der Aspekt der Kongruenz zum Tragen, ich lebe das was ich wirklich bin. Das heißt, dass ich keine berufliche oder höfliche Fassade vor mir hertrage. Ich habe nicht versucht meine Neugierde zu verstecken, deshalb liegt die Vermutung nahe, dass eben genau das nach außen wirkt. (vgl. Rogers 2006, S. 213 ff.)

An anderer Stelle ist in einem ähnlichen Kontext von Verlässlichkeit die Rede. Das meint nicht, das ich besonders sorgfältig oder pünktlich bin, sonder vielmehr, dass das mein Verhalten verlässlich und ehrlich ist. (vgl. Rogers, 2007, S. 64 f.)

Sie habe ein Problem, ob ich ihr helfen könne. Ich bin erstaunt und sage ihr erst mal völlig unreflektiert zu, dabei weiß ich noch nicht einmal worum es geht. Ich frage nach was denn ihr Problem sei, sie reagiert zögerlich, druckst herum, senkt ihren Blick, fast als wenn sie ihre Bitte zurückziehen will. Ihr gehe es schlecht, echt hundsmiserabel und das wolle sie nicht. Bevor wir in ein richtiges Gespräch kommen können und Sabine mir genau erzählen kann worum es geht, werden wir von meinen Auszubildenden unterbrochen. Ich mache mir bewusst, dass ich ihr zugesagt habe zu helfen und das obwohl ich nicht einmal weiß worum es geht. Das einzige wovon ich weiß ist das es ihr schlecht geht und das ihre weitere Teilnahme an der Maßnahme auf dem Spiel steht. Eigentlich hätte ich ihr nur zusagen können, dass ich versuchen werde ihr zu helfen. Ich nehme mir vor das bei einem nächsten Zusammentreffen zu berichtigen. Vorher kläre ich aber den Spielraum meines möglichen Mitwirkens mit der Maßnahmeleiterin ab, sie gibt mir ihr Einverständnis dafür, dass ich mich mit Sabine vielmehr mit Sabine und ihrem Problem beschäftige. Wieder treffen wir zu einem zufälligen Zeitpunkt zusammen und werden wieder Unterbrochen, wobei ich dieses Mal der Meinung bin, dass Sabine dieses Mal wesentlich zielgerichteter agiert, die Lösung ihres Problems scheint sehr wichtig für sie zu sein.

Nachdem wir noch ein weiteres Mal an den äußeren Bedingungen scheitern, mache ihr einen Vorschlag. Ich unterbreite ihr das Angebot zu einem festen Termin zu mir zu kommen um dann ungestört zu bleiben. Damit wir bei diesem vereinbarten Termin nicht gestört werden reserviere ich einen Besprechungsraum.

Der vereinbarte Termin rückt näher, ich bin ein wenig aufgeregt weil ich nicht weiß was auf mich zukommt. Am vereinbarten Tag, einem Dienstag um zehn Uhr soll unser Treffen stattfinden. Ein wenig vorher sorge ich schon dafür, dass der Raum angenehm temperiert ist und ein „Bitte nicht stören“ Schild außen an der Tür hängt. Praktisch ist soweit alles vorbereitet, nur ich bin ein bisschen aufgeregt, fühle mich unvorbereitet, weiß ich doch nicht was mich erwartet. Ich habe mich mit Sabine an Eingang verabredet, es ist kurz vor zehn, Sabine kommt mit gesenktem Kopf auf mich zu. Ich begrüße sie, lade sie ein mit mir in den Besprechungsraum zu gehen, lasse sie einen Platz wählen. Sabine setzt sich mit dem Rücken zur Tür. Ich bin darüber sehr verwundert, meinem Empfinden nach ist das ein „unsicherer Platz“ weil man nicht sehen kann wenn jemand den Raum betritt. Was mich in dem Augenblick beruhigt ist, dass Sabine ein wenig aufgeregt wirkt, also bin ich nicht alleine mit meinem Gefühl. Jetzt bin zunächst ich am Zug, muss ich doch die Zusage zur Hilfe in die Zusage zu einem Hilfeversuch korrigieren. Sabine lächelt mich an. Ich denke, dass mich meine Fehlbarkeit in diesem Augenblick für Sabine sehr menschlich erscheinen lässt. Jetzt ist Sabine an der Reihe, ich eröffne unser Gespräch mit der Frage nach ihrem Problem und danach wie sich meine Hilfe vorstellen könnte. Sabine druckst ein wenig herum, ich biete ihr Hilfestellung an. An welchem Ort ist das Problem, ist es in der Maßnahme, Zuhause oder in einem ganz anderen Zusammenhang. Ihre Mine verdunkelt sich wieder ein wenig und sie fängt an zu erzählen. Sie hätte das Gefühl das niemand der Akteure in ihrer Maßnahme sie ernst nehmen würde. Sabine fängt mit dem Bildungsbegleiter an, der sie ihrer Meinung nach sehr unter Druck setzt, dabei aber nicht ihre Schwierigkeiten, ihr Problem akzeptieren, würde. Dann fängt sie an zu weinen, ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll. Aus meiner Verlegenheit biete ich ihr ein Taschentuch an, halte mich sonst aber zurück und lasse sie weinen. Verstehen kann ich sie ein gutes Stück weit, wahrscheinlich das erste Mal das jemand zuhört und dann die Situation das, dass Problem wieder lebendig werden wird.

Reflexiv weiß ich, dass meine Zurückhaltung in diesem Augenblick völlig angemessen war. Auch wenn sich die Frage stellt, ob diese Zurückhaltung etwas mit einfühlendem Verstehen zu tun hat wissen wir aus dem Lebensalltag, das Reaktionen auf weinen häufig dazu führen, das dieses Weinen seine Bedeutung abgesprochen bekommt und der Versuch unternommen wird es wegzureden. Wir alle kennen doch Sätze wie „Das ist doch nicht so schlimm“, oder „Das wird schon wieder“. Leider ist es dann nur so, das genau diejenigen die so argumentieren sich wahrscheinlich nicht vorstellen können was in diesem Augenblick des Weines in uns vorgehen mag. Wichtig ist an diesem Punkt die Empathie, das einfühlende Verstehen. Ich trete in die Welt meines Klienten ein denn nur von dort aus kann ich ihn verstehen. (vgl. Rogers 2006, S. 213 ff.)

Hier greift auch Moors erste Grundregel, „1. Wir müssen das Kind verstehen bevor wir es erziehen.“ (Moor, 1974, S. 259) Dieses Verstehen braucht eine unbeeindruckte innere Haltung die einen gewissen Abstand zum routinierten Alltag hat, damit wir unbeeinflusst davon präzise Diagnosen stellen können. Wir sollen in die Welt des Klienten eintreten damit wir verstehen können was er denkt und fühlt. (vgl. Moor, 1974, S. 277 ff.)

Sabine beruhigt sich schnell wieder und fängt an zu erzählen. Ich habe den Eindruck, dass sie Inhaltlich wieder etwas zurückgerudert ist und erst mal testen will wo sie mit mir dran ist. Sie bezieht sich auf ihre Zeit im Werkstattbereich und erzählt mir über ihre Situation mit ihrem Ausbilder. Ihr Kopf ist dabei leicht nach unten geneigt und ihre Stimme sehr leise. Ich kann eine Unruhe bei ihr spüren und kann nachvollziehen das sie sich in diesem Augenblick nicht sonderlich wohl in ihrer Haut fühlt. Sie fühlt sich unbeachtet, der Ausbilder würde ihr das Gefühl vermitteln das sie gar nicht da sei. Er würde ihr nicht einmal richtige Aufträge geben, geschweige denn etwas vormachen oder erklären. Ich habe keine Zweifel an dem was Sabine mir da erzählt, kann das was sie in ihrer Werkstattsituation erlebt und fühlt gut nachvollziehen.

Auch wenn das was Sabine an ihrem Arbeitsplatz bedrückt für einen alten Hasen wie mich kein Problem sein würde, so akzeptiere ich ihre Gefühle und Wahrnehmungen in ihrer Situation und vor allen Dingen in ihrer Welt. Ich darf nicht den Maßstab meiner Welt anlegen und dadurch möglicherweise zu einem Urteil über das Empfinden oder die Probleme des Klienten kommen. Auch wenn diese Situation für mich leicht zu meistern wäre, akzeptiere ich, dass es für Sabine eine schwierige Situation ist für die es scheinbar keine Lösung gibt. (vgl. Rogers, 2007, S. 219)

Ich merke wie sich im Gespräch eine Spannung aufbaut und komme zu dem Schluss, dass Sabine nun von mir wissen will was sie tun soll. Das was ich verstehe und wie es bei mir wirkt, so gebe ich es an Sabine zurück. Zu diesem Zeitpunkt äußert sie zwar nichts, aber ich kann es merken, dass in Sabine etwas passiert, sie sich mit diesem einen Teil ihres Problems befasst und mein geäußertes Verstehen als eine andere Sichtweise auffasst die ihr vielleicht Hilfreich bei der Lösung des Problems sein kann. Die Zeit ist schnell vergangen es sind schon 45 Minuten um eine ganze Sitzung. Ich frage Sabine was sie für eine Vorstellung hat wie es möglicher Weise weiter gehen soll und sie wünscht sich einen nächsten Termin. Wir werden uns in einer Woche wiedersehen.

An dieser Stelle ist anzumerken, das Rogers Ansatz zunächst „nicht direktiv“ war bevor er ihn in „klientenzentriert“ umbenannte. Die Lösung ist für den Klienten immer seine Entwicklung durch sein eigenes Erleben in der Beziehung zum Professionellen mit einem gewährten Einblick in dessen Welt. Präzise dargestellt geht es um den durch Rogers geprägten Begriff der Selbstaktualisierung. Jeder Organismus, auch der Mensch hat die grundsätzliche Tendenz sich zu entfalten, sich weiterzuentwickeln wenn die dazu notwendigen Informationen vorhanden sind. (vgl. Rogers, 2007, S. 41 f.)

Beim zweiten Treffen erscheint Sabine schon etwas offener und das erste was sie mir mitteilt ist, dass es in der vorherigen Woche nach unserem Gespräch Klick bei ihr gemacht hat. Ich frage danach was den genau passiert sei. Sabine erklärt mir was sie für eine Erkenntnis mitgenommen hat. Es sei erst schwer für sie gewesen keinen konkreten Rat von mir bekommen zu haben, aber in dem Nachdenken über unser Gespräch stellt sich für sie heraus, dass sie immer nur die anderen Beteiligten für ihre negativen Gefühle verantwortlich gemacht hat. Sie hat für sich herausgefunden, dass sie mit ihrem eigenen Handel der negativen Situation mit ihrem Ausbilder begegnen kann. Sie berichtet gleich von den Ereignissen der letzten Woche. Sie erzählt mir, dass sie nicht wie sonst gewartet hat bis etwas von ihrem Ausbilder kommt, sondern sie ist aktiv an ihn herangetreten hat ihm ihre Situation beschrieben und konnte damit erreichen das ihr der Ausbilder mehr Aufmerksamkeit gewidmet hat und auch die Arbeitsaufträge sich für sie verbessert haben. Während Sabine mir das berichtet merke ich richtig wie sie dabei aufblüht. Die sehr negative Grundstimmung die ich während des vorangegangenen Gesprächs wahrgenommen hatte scheint wie von ihr abgefallen zu sein. Auch für ihren weiteren Maßnahmeverlauf scheint Sabine an Zuversicht gewonnen zu haben. Wir machen uns auf zum nächsten Thema, wir hatten im Vorherigen Gespräch vereinbart uns mit der Situation des Hausbesuches zu beschäftigen. Als ich dieses Thema anspreche sinkt die Stimmung von Sabine wieder. Ich habe den Eindruck sie mag nicht so wirklich daran gehen, vielleicht hat sie Angst wieder in ihre alte Stimmung zurückzufallen. Aber gleichzeitig habe ich den Eindruck, dass sie sich doch an dieses Thema heranwagen will. Sie fängt von alleine an zu berichten. Zwei meiner Kolleginnen haben gemeinsam mit ihr einen Hausbesuch gemacht. Das was die Kolleginnen dort vorgefunden haben entsprach einem normalen, geregelten Haushalt. Das Gespräch mit der Mutter verlief laut Aussage der Kolleginnen sehr gut. Die Mutter hat sich an dieser Stelle aber sehr negativ über Sabine geäußert. An dieser Stelle komme ich in einen Rollenkonflikt, den ich Sabine auch mitteile. Sabine ist wegen ihrer Probleme als Ratsuchende zu mir gekommen und ich bin jetzt erst einmal in der für mich ungünstigen Situation eines Wiederspruchs, denn das was meine Kolleginnen vorgefunden haben lässt sich vom Grunde her nicht verleugnen. Ich erkenne diesen Zwiespalt und versuche mich von diesen Feststellungen frei zu machen. Das scheint mir dann auch wirklich gelungen zu sein, denn Sabines Gemüt erhellt sich wieder ein wenig und wir sind mit diesem Treffen schon wieder am Ende. Wir verabreden und wieder für einen Tag in der Folgewoche. Nach drei Tagen kommt Sabine zu mir, sie ist ganz niedergeschlagen und wirkt gleichzeitig sehr aufgewühlt. Sie spricht mich an und sagt mir, dass sie mir etwas ganz wichtiges zeigen wolle. Ich lasse sie gewähren und verlange nicht von ihr, die Angelegenheit bis zu unserem nächsten Termin aufzuschieben.

Was sie mir zu zeigen hat erfüllt mich schon fast mit Entsetzen. Sabine zeigt mir zwei Kurznachrichten auf ihrem Handy die sie jeweils am Vortag und am aktuellen Tag von ihrer Mutter bekommen hat. In der ersten Nachricht schreibt ihre Mutter von Verbundenheit und Liebe gegenüber Sabine. Als ich die zweite Nachricht lese entgleisen mir fast die Gesichtszüge. Aktuell, mitten in Sabines Arbeitszeit, bekommt sie eine Nachricht von ihrer Mutter in der die Mutter eine tiefe Abneigung gegenüber Sabine äußert und sich Sabines Auszug aus dem Elternhaus herbeisehnt. Ich schaue zwei Mal hin nein, da ist nichts manipuliert, das ist eine Rufnummer die bei Sabines Teilnehmerdaten hinterlegt ist.

Auch hier kommt Rogers Ansatz der Selbstaktualisierung zum Tragen, dieses Mal allerdings nicht beim Klienten, sondern beim Professionellen. Ich habe hier eine Information bekommen, die mich erahnen lässt, dass der Hausbesuch möglicher weise ein reines Schauspiel war.

Für mich bedeutet das die Bestätigung meiner Ahnung, da stimmt etwas nicht. Der Zeitrahmen und die Umgebung gestattet es uns leider nicht uns zurückzuziehen und uns damit zu beschäftigen. Ich kann in dieser Situation Sabine nur zugestehen, dass mein Zwiespalt in dem letzten Gespräch hinfällig ist und ich mittlerweile sehr gut verstehen kann, dass es Ihr damit nicht gut geht. Wir vertagen uns auf den vereinbarten Termin Als wir uns trennen habe ich das Gefühl das Sabine trotz alldem nicht so negativ wie bei unseren ersten Zusammentreffen ist.

Der nächste Dienstag ist da, ich bin wieder mit Sabine verabredet. Unser Thema haben wir schon festgelegt als Sabine mir die Nachrichten ihrer Mutter gezeigt hat. Wir sitzen wieder zusammen in dem Besprechungsraum und haben heute Mühe warm zu werden, oder liegt das wohl an dem sensiblen Thema was wir für heute geplant hatten? Sabine erzählt mir, dass es für sie in der Werkstatt besser geworden ist, sie aber für sich auch Abstriche gemacht hat. So langsam werden wir warm und nähern uns allmählich dem Thema mit den Nachrichten der Mutter zu. Sie fängt aus der Zeit ihres Heranwachsen zu erzählen. Sabine ist ein Nachzögling und ihre Mutter ist im Verhältnis schon relativ alt. Großgezogen sagt Sabine habe sie ihre Schwester, als die dann geheiratet habe und ausgezogen sei, ist das Problem angefangen. Ihre Mutter habe sich nicht wirklich interessiert und Sabine hatte dadurch das Gefühl abgeschoben, sich selbst überlassen zu sein.

Nach dem Schulabschluss vor einem dreiviertel Jahr ist das mit ihrer Mutter erst so richtig losgegangen. Den einen Tag so, den anderen so. Den einen Tag überschüttet die Mutter Sabine mit Liebe und Zuwendung, den anderen Tag drückt sie eine wirklich extreme Abneigung gegenüber Sabine aus. Und ständig muss sie sich anhören, dass sie nichts hinbekommt Die Mutter wirft ihr vor das sie nicht einmal in der Lage sei einen Ausbildungsplatz zu finden. Die einzige wirkliche Bezugsperson ist ihr Vater, während sie mir das erzählt, erhellt sich ihr Gesicht. Aber der Vater hat auch große Probleme mit seiner Frau, die beiden stehen Möglicher weise kurz vor der Trennung. Das nimmt Sabine schon beim Erzählen richtig mit. Sie will nicht das ihre Eltern miteinander streiten, erst recht nicht, dass sie sich trennen. Vor allen Dingen will sie nicht, dass ihre Mutter so zu ihr ist.

Auch wenn die Situation ähnlich der mit Sabines Ausbilder ist, helfen ihr ihre Erkenntnisse die sie dadurch gewonnen hat in diesen Fall nicht. Wir kommen an einen Punkt an dem Sabine erkennt, dass die Erwartung ihre Mutter solle sich ändern, ihr wenig weiterhelfen wird. Sie erkennt selber, dass sie ihre Einstellung und Erwartung bezüglich ihrer Mutter ändern könnte, hat aber noch keine Idee wie sie das für sich realisieren soll. Sabine selber sagt es hat Klick gemacht, das ist was bei ihr passiert, aber es reicht eben noch nicht um das Problem mit ihrer Mutter zu lösen. Insgesamt stellt das auch kein besonders großes Problem dar, denn wir werden ja weiter daran arbeiten. Wir verabreden uns wieder für einen Termin in der nächsten Woche und haben schon beschlossen weiter an dem Thema Mutter zu arbeiten. Am nächsten Termin erscheint Sabine geknickt, sie berichtet mir, das zwei junge Frau die gemeinsam mit ihr in der Berufsvorbereitungsmaßnahme sind gerade ein Betriebspraktikum absolvieren und gute Perspektiven auf einen Ausbildungsplatz haben. Ich habe das Gefühl das Sabine dem Thema Mutter, welches wir in der Vorwoche vereinbart hatten, ausweichen möchte. Ich lasse mich darauf ein, kann es mir aber nicht verkneifen die Situation mit den beiden Kolleginnen sehr provokant mit dem Satz „die sind ja auch ganz anders“ zu kommentieren.  Die Zeit ist aus meinem Verstehen nicht verplappert sondern wir haben in der Beziehung gearbeitet. Schon ist es wieder soweit, die Verabredung für nächste Woche.

Farrely setzt prinzipiell bei Rogers Konzept an, hat dann aber noch eine eigene Hypothesenbildung angehängt. „Die erste Hypothese richtet sich an die Einstellung des Patienten, sich selbst gegenüber, seinem Selbstkonzept: Wenn er von dem Therapeuten provoziert wird […], tendiert der Patient dazu, sich in die entgegengesetzte Richtung zu bewegen und zwar genau entgegengesetzt der Definition, die der Therapeut von dem Patienten als Person gegeben hat. Die zweite Hypothese zielt auf das offene Verhalten des Patienten: Wenn er provokativ von dem Therapeuten dazu gedrängt wird […], seine Selbstverteidigung und sein eingeschränktes Verhalten fortzusetzen, dann wird der Patient dazu neigen, sich auf sein eigenes sichselbsterweiterndes und den anderen förderndes Verhalten einzulassen. Das führt sehr viel direkter an die gesellschaftliche Norm heran.“ (Farelly, 1986, S.68)

In den folgenden zwei Wochen fallen unsere Gesprächstermin aus, Sabine hat kurzfristig ein Betriebspraktikum gefunden. Nach zwei Wochen sehen wir uns wieder, Sabine tritt mir mit einem strahlenden Grinsen im Gesicht gegenüber. Ich weiß was passiert ist. Sabine wollte nicht anders sein und hat sich mächtig in Zeug gelegt um einen Praktikumsplatz zu bekommen, mit Erfolg. Ich bin erstaunt wie einfach eine Provokation wirkt, ja schon fast unmittelbar. Die Mutter wird von Sabine nicht mehr thematisiert, ich werde sie auch nicht drängen, denn sie scheint für sich eine Lösung gefunden zu haben, die für sie zumindest im Moment verträgliche ist.

Es kommt eine Phase da können wir unsere treffen nicht wahrnehmen weil ich an einen anderen Einsatzort delegiert bin. Als ich zurückkomme ist Sabrinas Maßnahme beendet, ich bin ein wenig traurig weil wir uns nicht mehr verabschieden konnten. Habe aber die große Hoffnung dass der auch fruchtbare Kontakt wieder aufleben wird. Schneller als gedacht kann ich Sabine dann doch noch einmal kontaktieren, ich habe von einem Unternehmen eine Anfrage nach einem Auszubildenden bekommen und habe sofort an Sabine gedacht. Ich rufe sie an um sie zu fragen ob sie Interesse an diesem Ausbildungsplatz hat, da fängt sie an zu Lachen und lehnt dankend ab. Sabine hat einen Ausbildungsplatz bei einer namhaften Automarke als Mechatronikerin. Bei einem späteren Treffen erzählt sie mir mit etwas Hochmut, das ihre beiden Freundinnen zu Hause sitzen und keinen Ausbildungsplatz bekommen haben Sie ist stolz weil sie das alles alleine hinbekommen hat. Meiner Meinung nach hat sie auch das Recht dazu!

Schlussfolgerungen aus dem Fall Sabine

Der Fall Sabine zeigt auf, das Beziehung im Sinne Rogers tatsächlich sehr viel bewirken kann. Ich habe noch fortlaufen Kontakt zu Sabine und kann bei jedem Zusammentreffen wieder beobachte was für eine enorme Entwicklung gemacht hat und sich daraus noch immer weiter entwickelt. Außenstehende die im Regelmäßigen Kontakt mit Sabine stehen haben mich schon als Ratsuchende aufgesucht weil sie die Entwicklung Sabines beobachtet haben und davon überrascht und sogleich fasziniert sin.

Ähnlich ist es allerdings auch für mich verlaufen, Sabine war für mich ein erster konkreter Beratungsfall. Ich habe sehr viel aus dieser Situation mitgenommen und konnte schon von Sitzung zu Sitzung Veränderungen an mir wahrnehmen. Ich wünsche mir, dass dieser Prozess im Fluss bleibt denn das ist für mich eine sehr große Bereicherung.

Das mögliche Wirken der Beziehung

In den Beziehungen passiert etwas was auf die Entwicklung des Klienten Auswirkungen hat. Was genau kann man vorab nur ahnen. Ist es möglicher Weise die Lösung des Problems oder der Störung die, die Veränderung herbeiführen?

Sinnfindung

Moor ist konzeptionell sehr am Erziehen, an der Heilpädagogik ausgerichtet. Grundsätzlich fehlt hier das konkrete Bild der Veränderung im Sinne Rogers, dennoch soll der Versuch unternommen werden auch an dem Konzept  Moors die mögliche Veränderung aufzuzeigen. Heilpädagogik orientiert sich daran das Ganze herzustellen. Ein wichtiger Aspekt dabei ist der innere Halt, das was die Persönlichkeit ausmacht wie im Vorfeld schon beschrieben. Darüber hinaus zielt Moor in seinen Werken auf die Sinnfrage ab. Wenn wir eine Sinn in dem finden was uns aufgegeben ist oder was wir und selber aufgeben, dann kann mit einem inneren Halt eine gute Entwicklung der Persönlichkeit stattfinden. 

Selbstaktualisierung und Entwicklungsprozess

Zentral ist es die jedem Organismus innewohnende Selbstaktualisierungstendenz die mit den nötigen Informationen eine Veränderung möglich macht. Rogers hat darüber hinaus aber noch sehr wichtige und tiefgreifende Beobachtungen gemacht. Menschen verändern sich nicht nur, sondern sie bilden eine eigene Persönlichkeit heraus. Klienten entwickeln ein Selbst und bewegen sich von einem Selbst das sie nicht sind weg. Sie entwickeln Tendenzen sie von etwas weg zu bewegen was sie sein sollten, hin zu dem was sie sein wollen oder können. Insgesamt ist es so darstellbar, dass sich Klienten von Erwartung die von außen an sie gestellt werden, befreien und eine ungeahnte Form der Autonomie gewinnen. Sie geraten in einen Prozess der Bewegung hin zu einer für sie oft völlig neuen Offenheit, zunächst der Welt gegenüber und dann auch sich selber gegenüber. Sie lernen sich selber als einen als einen Prozess kennen und schätzen. Die Persönlichkeit, das Selbst entwickelt sich.

Abschließende Betrachtung – Ausblick

An dieser Stelle wird wahrscheinlich erwartet, dass die drei in dieser Arbeit verwendeten Konzepte gegenübergestellt und verglichen werden. Indirekt ist das schon im Verlauf dieser Arbeit geschehen so, dass es an dieser Stelle nicht noch einmal vorgenommen weder muss.

Vielmehr soll hier erörtert werden, dass es tatsächlich so etwas wie eine „Beziehungskompetenz“ gibt und das, wenn wir es schaffen sie auch in diesem Sinne anzuwenden, es einen großen Gewinn für unsere Klienten, aber auch für uns selber haben könne.

Beziehung braucht etwas wie eine Weisheit die den agierenden Personen innewohnt.

Alle drei verwendeten Konzepte beschreiben das Beziehungsgeschehen, im konkreten Wortlaut unterscheidet sich Moor allerdings erheblich. Rogers und Farelly rücken die Beziehung zum Klienten in den zentralen Mittelpunkt des Geschehens. Rogers geht sogar noch einen Schritt weiter und stellt die These auf, das es mehr die Beziehung ist, die die Veränderungen bewirkt als die eigentliche Therapie an sich. Diese Arbeit sollte herausbilden was Beziehung ist und wie sie möglicher Weise wirken kann, das ist bis hierher gelungen.

Beziehung findet im sozialpädagogischen Feld und nicht nur dort regelmäßig statt. Daher sollte man zu einer Grundauffassung kommen die das herausbilden einer Beziehungskompetenz als Handlungskompetenz fordert und fördert. Das würde zu einem wesentlich fruchtbareren Arbeiten in diesem Feld führen. Aber auch andere Professionelle wie Lehrer, Ärzte, eben alle Professionen die erfolgreich mit Menschen arbeiten wollen, würden einen Gewinn daraus ziehen.

Mein persönliches Fazit ist, dass Beziehung sehr einfach klingt, aber genauso schwierig anzuwenden ist. Das Thema Beziehung ist so komplex und in seiner Gesamtheit schwer zu erfassen, dass es womöglich einer eigenen Disziplin bedarf.

Für eine mögliche eigene wissenschaftliche Zukunft habe ich mir an dieser Stelle schon die Aufgabe gestellt mich weiter und umfassender mit einer Wissenschaft der Beziehung zu befassen und Beziehung zu erforschen.

Literaturnachweis

  • DWDS,Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache: Beziehung, URL: http://www.dwds.de/?kompakt=1&qu=Beziehung, Download vom: 15.02.2012
  • Farrely/Brandsma: Provokative Therapie, Springer Medizin Verlag, 1986, Heidelberg
  • Haeberlin, Urs: Grundlagen der Heilpädagogik: Einführung in eine wertgeleitete erziehungswissenschaftliche Disziplin. Haupt Verlag, 2005, Bern
  • International Association of Social Educators: Die professionellen Kompetenzen von Sozialpädagogen/innen/innen, Ein konzeptioneller Rahmen, 2005, URL: http://www.vegjd.de/downloads/AIEJI%20conceptual%20    framework_DE.pdf, Download vom: 26.03.2012
  • Moor, Paul: Heilpädagogische Psychologie. Band I, Verlag Hans Huber, 1960, Bern
  • Moor, Paul: Heilpädagogik. Ein pädagogisches Lehrbuch, Verlag Hans Huber, 3. Aufl. 1974, Bern
  • myEtymology.com: relationship, URL: http://www.myetymology.com/english/relationship.html, Download vom: 01.03.2012
  • Rogers, Carl R.: Entwicklung der Persönlichkeit. Psychotherapie aus der Sicht eines Therapeuten, Klett-Cotta,16. Aufl. 2006, Stuttgart
  • Rogers, Carl R.: Therapeut und Klient, Fischer Taschenbuchverlag, 19. Aufl. 2007, Frankfurt am Main
  • Stimmer, Franz: Grundlagen des Methodischen Handelns in der Sozialen Arbeit. Kohlhammer Verlag, 2. Aufl. 2006, Stuttgart
  • Szczyrba, Birgit: Rollenkonstellationen in der pädagogischen Beziehungsarbeit. Neue Ansätze zur professionellen Kooperation am Beispiel von Schule und Jugendhilfe. Julius Klinkhardt Verlag, 2003, Bad Heilbrunn
  • Wikipedia: Interpersonal_relationship, URL: http://en.wikipedia.org/wiki/Interpersonal_relationship, Download vom: 15.02.2012
  • Wolf , Klaus: Profimacht und Respekt vor Kinderrechten. Forum Erziehungshilfen 2001, Heft 1: S. 4 – 9
  • WoxiKon: Beziehung, URL: http://synonyme.woxikon.de/synonyme/beziehung.php, Download vom: 01.03.2012

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